Willy Jaeckels „Faust I und II“
im Vergleich zu anderen Faust-Illustrationen - Vortrag von Wilhelm Geierstanger, Samstag, 24.5.2014,19 Uhr
Willy Jaeckels Faust-Illustrationen wurden 1925 im Berliner Erich Reiß Verlag mit der Hand gedruckt, in einer einmaligen Auflage von 150 Exemplaren. Durch einen Zufall konnte die „Initiative Villa Jauss e.V.“ die 26 Kaltnadelradierungen mit der Nr. 141 kurz vor Ausstellungseröffnung günstig erwerben.
Der Vortrag stellt die eindringlich expressive Sichtweise der Jaeckel-Radierungen einigen traditionellen Illustrationen gegenüber. Gezeigt werden die sich eng an den Text anlehnenden Umrisszeichnungen von Moritz Retsch, dann die etwas opulenteren Bilder des Nazareners Peter Cornelius und als Höhepunkt der Goethezeit die malerischen Lithographien von Eugene Delacroix. Barlachs in Holz geschnittene Figuren dagegen heben sich zeichenhaft ab von Slevogts ausufernden Textumrandungen, die sich Seite für Seite genau auf die einzelnen Ereignisse der Fausttragödie beziehen.
Jaeckels Bildauswahl muss als sehr eigenwillig bezeichnet werden. Der Künstler hält sich nur teilweise an die traditionelle Bildfolge und konzentriert sich vor allem auf die Figuren Faust und Gretchen. Das Eingangsportrait Mephistos eröffnet in Faust I programmatisch die Handlung, während das Portrait des Sinnsuchers Dr. Faust den Beginn des 2. Teils markiert. Jaeckel verzichtet auf vielfigurische Szenen und arbeitet vor allem die psychologischen Situationen seiner Akteure heraus.